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Und immer wieder Ärger mit dem Taxiunternehmen
Menschen, die auf einen Rollstuhl angewiesen sind, haben es im Leben schon schwer genug. Wie ärgerlich, wenn das spezielle Taxiunternehmen diesen Menschen noch mehr Steine in den Weg legt.
Es begann im letzten Jahr im Dezember. Ein bekannter Comedian hatte sich für ein Programm in der Osnabrückhalle angekündigt und Linda, meine Angestellte, und ich wollten mit zwei Klienten, die auf einen Rollstuhl angewiesen sind, diese Abendshow besuchen. Für diese Zwecke gibt es ein spezielles Taxiunternehmen, das Menschen mit Rollstuhl transportieren kann und zudem eine Kooperation mit dem Haus hat, in dem unsere beiden Klienten wohnen. Den Fahrern des Unternehmens sind die Bewohner der sozialen Einrichtung bekannt, werden sie doch von diesem Taxiunternehmen zu sämtlichen Terminen wie zum Einkaufen, zum Arzt, zu Freunden oder Verwandten gefahren. Ich hatte im Vorfeld, genauer gesagt ca. drei Monate davor, im Namen der zwei Klienten das Rollstuhltaxi angerufen und ein Taxi für Hin- und Rückfahrt zur Osnabrückhalle bestellt. So weit, so gut.
Linda und ich standen an dem verabredeten Dezemberabend, der recht kalt war, vor der Osnabrückhalle und warteten auf unsere Klienten. Das Rollstuhltaxi kam und nur eine Klientin von uns war da drin. „Wo ist denn der andere Bewohner, den Sie noch fahren sollten“, fragte ich ganz erstaunt, während der Fahrer die Rollstuhlfahrerin auslud.
„Ich muss zwei Fahrten machen, um beide Bewohner hierherzubringen“, war die lapidare Antwort des Fahrers.
Ich gab zu bedenken, dass es eiskalt draußen sei und wir nun in der Kälte auf den anderen Klienten warten müssten.
„Tja“, erhielt ich als Antwort, so sei es halt.
Ich wusste, dass das Unternehmen auch Fahrzeuge besaß, in denen mehrere Rollifahrer transportiert werden können. Obwohl das Unternehmen also wusste, dass sie zwei Rollstuhlfahrer transportieren mussten, kam der Fahrer mit einem Fahrzeug, in das nur einer hineinpasste. Und das, obwohl es Dezember war und recht kalt obendrein. Ich schüttelte nur mit dem Kopf, uns blieb also nichts anderes übrig, als auf den zweiten Klienten zu warten. Als der Fahrer mit dem zweiten Rollstuhlfahrer kam, sagte er zu mir: „10 Uhr. Allerspätestens Viertel nach 10 Uhr müssen die beiden draußen sein.“
„Was soll das denn?“, fragte ich. „Da ist doch die Show noch nicht mal vorbei.“
Das jedoch war dem Fahrer egal. Ich fragte nach seiner Handynummer und sagte ihm, dass ich schauen würde, wie lange die Vorstellung ginge und ihm dies dann telefonisch mitteilen würde. Damit war er einverstanden.
Wir gingen also mit unseren beiden Klienten, die sich auf das Programm schon sehr freuten, in die Osnabrückhalle, suchten unsere Plätze und genossen die Vorführung. Die Pause des Comedians begann um Viertel vor 10. Es wäre wirklich Quatsch gewesen, um 22 Uhr schon die Show zu verlassen, zumal meine beiden Klienten ja für das ganze Programm bezahlt hatten. Ich hätte es auch nicht mit mir vereinbaren können, die beiden in der Pause zum Taxi zu bringen, nur weil der Fahrer um 22 Uhr fahren wollte. Ich sprach mit den beiden und sagte ihnen auch, dass ich sie schon irgendwie nach Hause bekäme, sollte der Fahrer das nicht mit sich machen lassen und wegfahren. Ich hätte auch ein anderes Taxiunternehmen rufen können oder wir hätten die beiden zur Not zu Fuß nach Hause gebracht. Sie waren einverstanden, wollten die Show bis zum Ende sehen.
Ich schrieb dem Fahrer, dass es mir leid tue, aber die Klienten hätten für die ganze Show gebucht und dass die Pause jetzt erst angefangen hätte. Wir blieben.
Ich stellte mein Handy auf Lautlos – zum Glück –, denn die Show ging weiter. In der Zwischenzeit erhielt ich eine Mailboxnachricht sowie mehrere SMS-Nachrichten jenseits von Gut und Böse von dem Chef des Taxiunternehmens. Der Fahrer hatte sich ganz offensichtlich bei seinem Chef beschwert. Wie unverschämt … sie hätten auch noch andere Fahrten, müssten planen (im Nachhinein habe ich rausgefunden, dass das Unternehmen an diesem Abend gar keine Fahrten mehr hatte), ich sollte doch sofort jetzt rauskommen …
Ich schrieb dem Chef zurück, dass die Klienten die Karten bezahlt hätten und sich die Vorstellung auch bis zu Ende anschauen würden. Zudem saßen wir auch ganz vorne. Wir würden doch nicht mitten in der Vorstellung rausgehen. Das sei völlig indiskutabel. Außerdem sei es doch klar, dass eine Show, die um 20 Uhr starte, nicht schon um 22 Uhr fertig sein könne.
Ich legte mein Handy weg, ich hatte alles gesagt, dachte ich. Die Show ging schließlich bis 23.05 Uhr. Der Chef hatte mir währenddessen weiterhin böse Nachrichten auf mein Handy geschickt. Es waren jetzt mittlerweile zwei Mailboxnachrichten und fünf SMS-Nachrichten. „Sie kommen jetzt sofort da raus, mein Fahrer wartet schon eine halbe Stunde …“ und ich weiß nicht, was noch alles.
Als wir nach der Show rauskamen, wartete der Fahrer schon. Beim Einladen des E-Rollstuhls beschwerte er sich bei mir, dass er mit einem solchen nicht umgehen könne. Ich solle doch mitfahren und ihm dabei helfen. Sollte ein Taxiunternehmen, das sich auf die Beförderung von Rollstuhlfahrern spezialisiert hat, nicht in der Lage sein, mit jedem Rollstuhl umgehen zu können? Denn genau das ist doch deren Job, oder etwa nicht?
Natürlich fuhr ich, allein schon meinem Klienten zuliebe, mit, währenddessen meine andere Klientin zusammen mit Linda draußen in der Kälte warten musste.
Als der Fahrer mich wieder an der Osnabrückhalle absetzte und die andere Klientin einlud, sagte er noch: „Ihr regelt das mit meinem Chef.“ Wobei ich nicht fand, dass ich etwas hätte regeln müssen. Für mich war der Comedian-Besuch damit abgeschlossen. Zwar war es ärgerlich, dass das Unternehmen nur mit einem Taxi gekommen war, das nur einen Rollstuhlfahrer hatte transportieren können, und natürlich waren die Anrufe und Nachrichten des Chefs der Transportfirma absolut unangemessen gewesen, letztendlich war aber alles gutgegangen.
Drei Wochen später erhielt ich eine Rechnung von besagtem Taxiunternehmen über 40 Euro für die Wartezeit. Daraufhin habe ich mich mit einem Rechtsanwalt unterhalten, der mir sagte, dass nicht ich der Vertragspartner sei, sondern dass dies meine Klienten seien, was ich dem Chef des Transportunternehmens auch mitteilte. Kurze Zeit später erhielt ich eine Mahnung. Auch auf eine erneute Klarstellung meinerseits, dass eben nicht ich der Vertragspartner sei und er mir daher auch keine Rechnung schicken könne, folgten weitere Mahnungen und als Krönung ein Mahnbescheid. Die Kosten beliefen sich mittlerweile schon auf 150 Euro, denn so ein Mahnbescheid kostet ja auch Geld.
Ich konnte es einfach nicht fassen, warum dieser Mensch mir unbedingt eine Rechnung aufdrücken wollte. Schließlich war mit dem Fahrer abgemacht worden, dass ich ihn anrufen würde, er hätte ja gar nicht warten müssen. Der Chef des Transportunternehmens behauptete sogar, ich hätte zugestimmt, um 22 Uhr mit den Klienten draußen zu sein, was gelogen war. Wie dreist!
Ein paar Wochen später – vermutlich hatte sich der Chef der Transportfirma einer rechtlichen Beratung unterzogen – erhielt ich ein Schreiben, worin stand, dass er das Verfahren zurückgezogen hätte. Allerdings erhielt eine Verena Möller ein Verbot, dass sie nicht mehr bei seinem Taxiunternehmen mitfahren dürfe. Damit konnte ich leben.
Wenn es bei diesem einen Ausrutscher von extremem Fehlverhalten geblieben wäre, hätte ich vielleicht nicht diesen Blog geschrieben, doch das Schauspiel wiederholte sich.
Während wir im November wieder in der Osnabrückhalle mit den beiden Klienten eine Show besuchten und dieses Mal alles vorbildlich lief, kam es am 4. Dezember zu einem ähnlichen Vorfall wie oben geschildert. Ich hatte mich rausgehalten, das Taxi wurde von meiner Klientin bestellt und wir trafen uns erneut vor der Osnabrückhalle. Der Fahrer des Taxiunternehmens kam wieder mit einem Taxi, in das nur ein Rollstuhl passte, und der Klient, der den E-Rollstuhl benötigt, weil er keine Rumpfkontrolle mehr hat und einfach nach links wegsackt und seinen Kopf nicht mehr halten kann, kam in einem Aktivrolli. Wenn er auf einem Stuhl sitzen würde, würde er komplett umfallen. Als ich meinen Klienten sah, der in einem solchen Rollstuhl herausgefahren wurde, fragte ich den Fahrer: „Warum ist er in einem Aktivrollstuhl?“
Der Taxifahrer antwortete: „Weil ich mit einem E-Rollstuhl nicht umgehen kann.“
Ich konnte es nicht fassen, schüttelte verständnislos den Kopf und sagte: „Der Klient hält das keine zwei Stunden durch.“
Der Fahrer meinte, er habe auch dreimal anhalten müssen, um den Klienten wieder gerade hinzusetzen, weil er mit dem Oberkörper zur Seite gesackt war. Allein schon versicherungstechnisch hätte er das mit dem Aktivrolli gar nicht machen dürfen. Ich habe ihn daraufhin angesprochen, aber der Fahrer sagte zu mir: „Mein Chef hat zu mir gesagt, dass ich alles richtig gemacht hätte.“
Schon im Vorfeld hatte mir die Klientin, die das Taxi bestellt hatte, erzählt, dass das Taxiunternehmen ihr gesagt hätte, dass der andere Rollstuhlfahrer in einen Aktivrolli gesetzt werden solle. Ich hatte ihr gesagt, dass das auf gar keinen Fall gehe, der Klient MUSS in seinem E-Rollstuhl sitzen. Da brauchen wir gar nicht drüber zu diskutieren. Und obwohl sie dies so weitergegeben hatte, kam er dennoch in einem Aktivrolli. Während wir in der Kälte auf die andere Klientin warteten, die noch abgeholt werden musste, rief ich die Pflege an und fragte, warum der Klient in einen Aktivrolli gesetzt worden sei. Da sagte die Pflegerin zu mir: „Wir haben uns auch schon gewundert und uns gefragt, wie das funktionieren kann und haben gedacht, dass du das angeordnet hättest.“
Ich klärte auf, dass das nicht von mir kam, sondern dass das Taxiunternehmen das so gefordert hätte, nicht den E-Rollstuhl zu benutzen, sondern den Aktivrolli. Ich sagte. „Er kann es definitiv nicht schaffen, zwei Stunden in diesem Rollstuhl zu sitzen. Die müssen den wieder zurückfahren und den Rolli tauschen. Das haut nicht hin.“
Die Pflegerin, die sich anfangs nicht getraut hatte, das Taxiunternehmen anzurufen, tat es dann aber doch und teilte dem Chef mit, dass das so nicht gehe. Darauf hatte sich der Chef des Taxiunternehmens wohl eingelassen, die andere Klientin kam, der Klient in dem Aktivrolli wurde wieder eingepackt, zurückgefahren und in seinen E-Rolli gesetzt und schließlich wieder zur Osnabrückhalle gebracht. Währenddessen lief die Show schon eine halbe Stunde.
Bei der Abholung unserer Klienten fragte mich der Fahrer, ob ich mitfahren könnte, da er sich mit dem E-Rollstuhl nicht auskenne. Jemand, der sich mit einem Rollstuhltransport selbstständig macht, der muss natürlich auch darauf geschult werden, mit sämtlichen Rollis klarzukommen, diese zu bedienen und zu benutzen. Das ist sein Job. Das ist meine Meinung.
Ich sagte ihm, dass ich ja Mitfahrverbot hätte und leider nicht einsteigen dürfe. Er meinte, dass ja nur eine Verena Möller Mitfahrverbot hätte. Am liebsten hätte ich ihm geantwortet, dass auch eine Linda Neubert, meine Angestellte, ganz sicher nicht mitfahren würde, entschied mich aber im Sinne des Klienten anders und bat Linda mitzufahren.
Der Fahrer sagte mir noch, dass es angemeldet werden müsse, mit welchem Rollstuhl der Klient käme, aber ich erwiderte, dass er doch die Klienten kenne und entsprechend wüsste, mit welchem Rollstuhl diese unterwegs seien. Das müsse angemeldet werden, beharrte der Fahrer. Ich fragte andere Klienten von mir, ob das stimme, da ich wusste, dass sie auch mit dem Taxiunternehmen fuhren, doch es wurde bestätigt, dass dies nicht so sei. Auch sie müssten nie anmelden, mit welchem Rollstuhl sie kämen.
Es entstand der Eindruck, dass der Chef des Transportunternehmens gar nicht im Sinne der Klienten handelte, sondern einfach Kohle damit machen wollte. Warum sonst hatte er zwei Fahrten gemacht? Verdiente er dadurch mehr? Autos, die zwei Rollstuhlfahrer transportieren können, hatte er doch, warum kam er mit einem anderen Auto?
Ich habe eine andere Klientin, die nicht in dieser sozialen Einrichtung wohnt, die erzählte uns, dass sie zu Heiligabend ein Taxi bei besagtem Unternehmen bestellt hat. Nachmittags soll sie irgendwohin gebracht und abends wieder abgeholt werden, wie so viele das wahrscheinlich getan haben,weil viele an den Feiertagen zu ihren Angehörigen nach Hause fahren wollen. Sie wollte gerne abends um 22 Uhr abgeholt werden. Da sagte der Chef des Taxiunternehmens: „Nein, da fahren wir nicht mehr.“
„Aber in den AGBs steht drin, dass sie bis 23 Uhr fahren“, hatte meine Klientin erwidert.
Daraufhin erhielt sie als Antwort: „Nee, wir sind auch schon ausgebucht.“
Die beiden Klienten, mit denen wir die Comedian-Shows besucht haben, leiden an Multiple Sklerose. Der 40-Jährige, der in dem E-Rollstuhl sitzt, ist schwerst betroffen, die andere Klientin ist noch recht fit und kann sich selber noch gut mitteilen. Warum versuchte der Chef des Transportunternehmens uns die Show madig zu machen? Was sollte das? Will er sich „unbequeme“ Kunden verprellen in der Hoffnung, sie lassen es irgendwann sein? Es ist unglaublich, was für Leute in oder für sozialen Einrichtungen arbeiten. Unfassbar! Solche Menschen sind doch schon gestraft genug, müssen mit ihrem Leben, mit ihrer Behinderung klarkommen. Wir können uns wahrscheinlich nicht mal im Entferntesten in die Leute hineinversetzen, wie es denen dabeigeht. Und dann müssen sie so was noch miterleben. Ich finde das schrecklich. Und es tat mir so leid, weil der Klient es ein zweites Mal miterleben musste. Ehrlich gesagt hatte ich Angst, dass er sagen würde, er wolle es nicht mehr machen, weil er die Lust daran verloren hatte. Ich hätte es ihm nicht mal verübeln können, dabei ist es so wichtig, dass er mal rauskommt und vor allem echte Freude empfinden kann, was selten genug vorkommt.
Ich habe das Gefühl, dass die Menschen Empathie, Instinkt und Gefühl verlieren. Schon nach dem ersten Vorfall informierte ich natürlich die Pflegeleitung sowie die Heimleitung darüber, hatte aber nicht das Gefühl, dass das jemanden dort sonderlich interessierte. Mir wurde gesagt, es gäbe keine anderen Rollstuhltransportunternehmen, die man nehmen könne. Sie hätten mit diesem Unternehmen eine Kooperation und müssten dieses immer bestellen.
Ich hätte mir gewünscht, dass die Pflegekräfte couragierter aufgetreten wären und dem Fahrer gesagt hätten, dass der eine Klient nicht in einen Aktivrolli gesetzt werde. Aber da sie dachten, dass die Anweisung von mir kommt, nun ja. Der Chef des Transportunternehmens hätte nie gesagt, wie er im Nachhinein betonte, dass der eine Klient in einen Aktivrolli umgesetzt werden sollte, was ja eine Lüge war.
Letztendlich denke ich, beim nächsten Mal rufen wir jemand anderen an, denn ich bin der Meinung, dass die Klienten selbst entscheiden dürfen und können, mit welchem Rollstuhlfahrunternehmen sie fahren wollen und mit welchem nicht. Anscheinend funktioniert es mit diesem ja eben nicht. Also schauen wir mal, unsere nächste Osnabrückhallen-Tour steht schon an, und ob wir dieses Rollstuhltaxiunternehmen dann noch einmal in Anspruch nehmen werden, das wage ich stark zu bezweifeln.